In beinahe allem, was jemand für andere tut, findet sich ein Element der Eitelkeit – dies trifft ganz besonders auf uns Sommeliers und unsere Gestaltung von Weinkarten zu. Hier erfährst Du, wie man eine Weinkarte gestalten sollte.

Doch was unterscheidet denn eine „ganz in Ordnung“ Karte von einer wirklich guten? Worauf muss geachtet werden?

Hier mein Versuch einer Erklärung:

Um eine schöne Weinkarte zu gestalten, muss die Balance zwischen Persönlichkeit, Eitelkeit und Einvernehmen gefunden werden. Habe ich einen frischen, trockenen Weisswein, um das skurrile Fischgericht vom Chef zu ergänzen? Findet sich ein erdiger, muskulöser Rotwein, der zum traditionellen Lammgericht nach dem Rezept der Grossmutter passt? Liegt im Weinkühler ein opulenter Weisswein welcher genügend Kraft für die deftige, cremige Pastasauce hat?

Eine schöne Weinkarte zu gestalten ist in etwa das selbe, als würde man Heiratsvermittler spielen – man muss an die Persönlichkeiten der Speisen und des Weins denken und jene Optionen auswählen, die am besten zusammenpassen. Oder als würde man sein Kind auf den Spielplatz bringen und sich überlegen „wer würde wohl gut mit meinem Sohn spielen können“.

In der Weinkarte sollte es weder um die persönlichen Präferenzen des Küchenchefs oder Sommeliers gehen, noch ob der Wein eine Milliarde Punkte erhalten hat … es geht darum, dem Gast die besten verfügbaren Optionen zu bieten.

Der Wein muss zum Essen passen – das ist das Wesentliche

Wein zum Essen

Eine gut gestaltete Weinkarte muss in erster Linie das Essen des Küchenchefs ergänzen. Dazu kommt, dass die Weinkarte ein wichtiger Indikator für den Stil des Restaurants ist.

Die Weinkarte sollte für alle Arten von Weintrinkern Optionen bieten: in Bezug auf Preis, sowie auch auf Stil.

Breite und Vielseitigkeit sind entscheidend für den Aufbau einer verlockend gestalteten Weinkarte. Ganz unabhängig davon, ob es sich um eine Karte mit lediglich 15 Flaschen in einer winzigen Tapas-Bar oder um eine 3 000 Positionen umfassende Liste in einem mit Sternchen und Häubchen dekorierten Restaurant handelt.

Zudem ist es nicht sehr schwierig, 3’000 Weine auszuwählen. Wenn der Keller denn gross genug ist, reicht es, sich einen der gängigen Weinführer zu schnappen und dann mal zu bestellen und aufzufüllen.

Die Kunst besteht darin, das richtige auszuwählen.

Grundregel: ein Drittel der Leckerschlucke sollte frisch und knackig sein, ein Drittel davon reichhaltig, und ein Drittel sollte alles andere abdecken: Spezialitäten, unbekannte Länder, autochthone Sorten … da darf der Chef sich dann ganz seinen Eitelkeiten hergeben.

Jede Flasche auf der Liste sollte einen Sinn ergeben. Passen die Tropfen nicht zu den gereichten Speisen, haben Sie irgendwie den Punkt verpasst.

Sobald die Weine ausgewählt sind, sollte der Sommelier einen Weg finden, diese Auswahl für jeden Gast verständlich zu machen. Wenn die Auswahl einschüchternd und verwirrend ist, kann dies die Gäste dazu bringen, Wasser oder einen – noch schlimmer – „Hugo“ zu bestellen.

Stellen Sie sicher, dass alle wichtigen Informationen ersichtlich sind.

Verzichten Sie auf Formulierungen wie „duftet nach zypriotischen Waldheidelbeeren im Morgentau“: tausendmal gehörte Zitate sind langweilig. Und belehrend. Sie müssen dem Gast nicht sagen, was er zu riechen hat.

Die Gäste haben unterschiedliche Geschmäcker. Nicht jeder weiss, wie „nasse Steine“ riechen.

Was ist wichtig, was muss auf die Weinkarte?

  1. Preis, Währungsangabe und der Mehrwertsteuersatz sind zwingend. Sind in der Schweiz, sorry.
  2. Flaschen- oder Glasinhalt
  3. Rebsorte(n
  4. Der korrekte Jahrgang (passiert immer wieder und leider viel zu oft, dass ein anderer Jahrgang serviert wird – besonders ärgerlich bei Geburtstagen oder Hochzeitsjubiläen … ich rede leider aus persönlicher Erfahrung)
  5. Land / Region / Winzer (in dieser Reihenfolge)
  6. Alkoholgehalt

PS. Meiner Meinung nach ist es zwingend notwendig, mindestens einen Champagner auf der Karte zu haben; denn meist wird Champagner nur in speziellen Momenten geköpft. Doch finde ich, dass Champagner einfache Momente speziell macht – und deshalb öfters genossen werden sollten. Verführen Sie ihre Gäste dazu!

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